Auszug aus einem Businessplan für ein nie gegründetes StartUp. Geschrieben im April 2010.
Es geht um das Verständnis der Rezeption und des Verhaltens von Hörern/ Usern in großen, komplexen, nicht-physischen, individuellen Musik-Content-Beständen, in denen die Masse an Content den Wert darstellt, nicht mehr der einzelne Track/das einzelne Produkt. Aus diesem Wissen sollen Unternehmen
zur Optimierung von Distribution, Transaktion und Empfehlung von Musik-Content entwickelt werden.
Die Musikwirtschaft hat durch die Digitalisierung und die sich vollziehende Etablierung des Internets
große Veränderungen erfahren und steht vor der Aufgabe, nahezu alle betrieblichen Prozesse entsprechend anzupassen beziehungsweise vollkommen neu zu definieren:
Das Ende der Ära der physischen Datenträger führt zu paradigmatischen Umbrüchen sowohl für die Distribution als auch die Rezeption von Musik.
Die Digitalisierung von Musik in Verbindung mit der starken Penetration von breitbandigen
Internetanschlüssen bedingt eine Vielzahl von neuen Produkt- und Vermarktungsmöglichkeiten – verbunden mit der Herausforderung, die tradierten Geschäftsmodelle entsprechend aufzubrechen und zu erweitern.
Der User hat durch die Digitalisierung und die Möglichkeiten des Internets eine kaum zu überschätzende
Macht auf musikalischen Content zuzugreifen: selbstbestimmt, personalisiert und individualisiert. Die tägliche Musiknutzung ist in den Jahren 1995 bis 2005 um 221% dynamisch gestiegen. Die digitale Distribution von Musik muß immer mehr auf den mündiger werdenden User respektive Hörer eingehen, die bestehenden Marktmechanismen zur Distribution von Musik müssen dem aktiven Rezipienten entgegenkommen.
Eine zentrale und bisher kaum bearbeitete Herausforderung für die Distribution von musikalischem Content sind die in den letzten Jahren dynamisch gewachsenen, individuellen Musikbibliotheken der User, verbunden mit einer gleichzeitig sinkenden Wertschätzung des Contents durch den User. Die enorm gewachsenen und stetig weiter ausufernden non-physischen Musikbibliotheken, die keinen haptischen Erinnerungseffekt mehr bieten und eine über Jahre entstandene Nutzung und Sortierung nicht vorhalten, sind ein Nadelöhr und Problemkind an der Schnittstelle zwischen Distribution und Rezeption von Musik.
Eine zusätzliche Herausforderung für den Umgang mit musikalischem Content und einer der Gründe
für die dynamisch wachsenden, individuellen Musikbibliotheken ist die in den vergangenen Jahren dramatisch gesunkene, individuelle Wertbeimessung für das Produkt Musik.
Die Deutsche Musikindustrie geht allein für das Jahr 2008 von einem Gesamtwert aller illegal verbreiteten Musikprodukte von 5,34 Mrd. EUR aus.
Und nicht zuletzt ist mittlerweile die Masse der online verfügbaren Musikdateien immens. Aufgrund der fehlenden Kosten für Regalflächen und Lager können Internetmusikhändler wie iTunes oder Amazon Musiktitel anbieten, die zu Zeiten der ausnahmslos physischen Tonträger aufgrund mangelnder Rentabilität nicht verfügbar gewesen wären. Der Markt hat sich zu einem Long Tail Markt entwickelt, in dem bis zu 98% der angebotenen Musiktitel auch nachgefragt werden.
Musik wird convenient und verliert, durch die Allverfügbarkeit und den zwar illegalen aber einfachen
Zugang zu kostenloser Musik (File-Sharing, Download-Portale), für den Hörer subjektiv immer mehr an Wert.
Ein einzelner Track in einer individuellen Sammlung von mehreren 10.000 Tracks wird für den User bedeutungslos.