Salzburg. 1834.

Diese altkatholische Erzbischofresidenz, jetzt Regierungssitz des Viertels gl. N. im oberöstreichischen Gubernium ob der Ens, gemeiniglich die erste tröstende Idealverwirklichung für den deutschen Malerjüngling, welcher mit seinen Raphaelsträumen über die Alpen gen Italien wandert, vereinigt die überraschendsten Momente, die fließendsten Tinten nordischer Romantik schon mit der Klassicität des italienischen Himmels zu einem seltsam ergreifenden Originalbilde von farbenreicher Anmuth und grotesker Gebirgs-scenerie.

An beiden Seiten der Salzach, über welche eine 370 F. lange und 40 F. breite Brücke führt, an den Seiten von steilen Bergen und gegen Norden von einer weiten Ebene begrenzt, gewährt die thurmreiche, alterthümliche Stadt, des unsterblichen Mozart’s Geburtsort, einen wahrhaft imposanten Anblick.

Der malerische Nonnenberg mit der Benedictinerkirche, die hohe Veste Hohensalzburg auf dem Schloßberge, dem höchsten Punkte des Mönchsberges, mit entzückender Fernsicht;
das kaiserl. Schloß auf dem Hofplatze; der in’s Modell der Peterskirche gegossene Dom; der Marstall mit einem in Felsen gehauenen Amphitheater, der Palast Mirabelle mit einem großen, dem Publikum geöffneten, Garten, die interessante Kirche der nun aufgehobenen Universität, die kolossale Bildsäule der Jungfrau Maria auf dem von schattigen Arkaden umgrenzten Domplatze, der marmorne Sanctus Sigismundus vor dem ungeheuern nach ihm benannten Felsenthore; die Peterskirche mit Haydn’s Denkmal; dieß alles sind nur einzelne, aber gewiß glänzende Fäden in diesem kunstvollen Ariadnegespinnst.

Dazu bergen die 26 Kirchen überhaupt, nebst den 6 Klöstern, hinter ihren epheu-umrankten Mauern unermeßliche Schätze an Poesie, Religion und Menschenleben.

Mit dem Ursulinerkloster ist eine Mädchenerziehungsanstalt verbunden.

Die Straßen sind eng und krumm, und die 13,000 Ew. leben außer der Fabrikation in Baumwolle, Eisen, Leder, Zeug, Tabak etc. meist vom Speditions- und Commissionshandel, der durch zwei Messen oder Dulten, welche jährlich hier gehalten werden, begünstigt wird.

In der Nähe liegen die kaiserl. Lustschlösser: Hellebrunn, Kleßheim, Leopoldskron mit berühmter Gemäldesammlung, und das fürstlich Schwarzenbergische Schloß Aigen am Fuße des Geisberges, von welchem man eine wahrhaft himmlische Aussicht hat.

Aus: DAMEN CONVERSATIONS LEXIKON. Leipzig 1834.