Heute vor 250 Jahren wurde Prinz Louis Ferdinand von Preußen geboren.

Über ihn habe ich 3 Jahre lang alles gelesen, gehört und gesehen, was es so gab. Daraus ist meine Doktorarbeit geworden. Ich weiß nicht, ob ich ihn dabei wirklich gut kennen gelernt habe. Aber ich bewundere ihn. Heute immer noch.

„Vielleicht erinnert man sich auch des romantischsten aller Fürstensöhne, des Prinzen Louis Ferdinand von Preußen und seiner Quartette, die ihm in der Geschichte der Musik ein unvergängliches Andenken sichern.“

Robert Schumann

Am Ende seines kurzen Lebens wird er vollständig erwachsen, legt den Prinzen ab, er wird höchst politisch, Teil einer Fronde gegen den König, seinen Cousin. Er wird früh zu einem Romantiker (in jeder Facon) in einer Zeit, als es diesen Begriff und diese Epoche noch lange nicht gibt. Und er stirbt sinnlos im ersten Gefecht der Preußen gegen die Grande Armée Napoleons. Und er komponiert. Wie Schubert. Nur daß Schubert erst 20 Jahre später kommt.

„Er war die feinste Seele: von beinah niemandem gekannt, wenn auch viel geliebt; und viel verkannt. … Ein großer Prinz, mein Freund“

Rahel Varnhagen

Während der Jahre, in denen ich morgens eine Kanne Kaffee gekocht habe, um dann runter an den Schreibtisch zum „Louis“ zu gehen (und zu lesen, zu lesen, und irgendwann selbst zu schreiben) habe ich teilweise wissenschaftliche Grundlagenarbeit machen müssen (Es gab bis dahin nicht ein einziges Buch über ihn, daß mit Quellenbelegen oder Literaturhinweisen gearbeitet hatte), teilweise in Themen einsteigen müssen, die mich (bis heute) intellektuell überfordern und habe vielfach einfach in richtige Abenteuer begonnen und erlebt:

Diese Abenteuer dauern eigentlich bis heute an, es gibt immer noch Dinge, Orte, Verflechtungen zu entdecken. Erst letztes Jahr (2021) war ich das erste Mal an der Stelle, an dem ihm ein Denkmal gesetzt wurde (es soll den Platz markieren, an dem er in der Schlacht bei Saalfeld gegen die Franzosen gefallen ist. Nur war der Platz nicht genau dort…) – ein einsames Ding im Nirgendwo, Unzugänglich (Man muß über eine Zaun steigen) an einer Schnellstrasse…

Ein großes Abenteuer war die Suche nach seinem Nachlass. Eine Schatzsuche. Ich habe ihn nicht gefunden. Aber die Suche hat mich nach Berlin, Magdeburg, Wettin, und bis nach Warschau und Minsk geführt.

Ich durfte einen Brief lesen, im Orginal, den seine erste große Liebe ihm schrieb, als sie sich von ihm trennt. Henriette Fromme. Henriette ist vollkommen bürgerlich, 10 Jahre jünger als Louis, sie lernen sich in Schricke (auf dem Landgut des Prinzen) kennen. Sie haben zwei Kinder zusammen. Aber schon während der zweiten Schwangerschaft taucht im Leben Louis Ferdinands eine neue Frau auf, die sagenumwobene Pauline Wiesel. Es entsteht dann so etwas wie eine Dreiecksbeziehung. Aber Henriette geht daran zugrunde und trennt sich.

Ich habe immer noch keine Ahnung, warum ich, ausgerechnet ich, 200 Jahre später diesen so unfassbar intimen, höchst persönlichen, herzzerreißenden Brief lesen durfte. Das ging mich nichts an.

Nach der Doktorarbeit habe ich das mehrfach ausgezeichnete Trio Parnassus kontaktiert und ganz naiv gefragt, ob sie nicht Lust hätten, die Musik des Prinzen neu einzuspielen. Das haben sie getan.

Das hier ist der 4. Satz aus Louis‘ Opus 6 (leider in einer älteren Aufnahme) Ein Klavierquartett. Geschrieben 1803. Beethoven schrieb in diesem Jahr seine 3. Sinfonie (die er am Ende Louis Ferdinand widmen wird) und Schubert war da 6 Jahre alt.

Zeitlose, große Musik.