Wagner.
Ich glaube, da gibt es kein lauwarm. Entweder er nervt Dich, Du siehst auf die Uhr (wann ist der Akt endlich vorbei?) – oder Du kommst in einen Sog. Er kriegt Dich. Du verlierst Dich. Gestern: Lohengrin in der Münchener Staatsoper. Das ist so ein Sog. Nach 5 Stunden willst Du immer noch nicht, daß es vorbei ist.
Ende der Neunziger Jahre war ich als Student in Wien.
Wir waren eine Gruppe Musikstudenten und mit unserem Professor auf musikhistorischer Exkursion. Fast eine Woche in der Stadt der Wiener Klassik. Es war kurz vor Ostern und jeder Tag war voll mit Musik, Museen, Vorträgen, manchmal zwei oder drei Konzerten pro Tag.
Es gab nur einen einzigen „freien“ Abend, das war Kar-Samstag. Und als ob das in dieser Woche alles noch nicht genug Musik gewesen wäre, bin ich an diesem Abend mit einer Freundin (erneut) in die Wiener Staatsoper gegangen.
Wir mußten vormittags lange für die Studententickets anstehen und natürlich waren es Stehplätze (in der Stehplatz-Loge unten im Parterre).
Und es war Parsifal. Richard Wagner. August Everding Inszenierung.
Reine Spieldauer ohne Pausen ca. 4,5 Stunden.
An diesem Abend bin ich ein Wagnerianer geworden. 4,5 Stunden Stehplatz waren am Ende vollkommen egal. Es hätten noch einmal so viele sein können. Das Ende darf bei Wagner nie kommen.